Norbert Kricke und die Dynamik der Raumkurve

Norbert Kricke gehört zu den wichtigsten deutschen Künstlern der Nachkriegsmoderne. Seine Skulpturen dürfen in einer Vorstellung dreidimensionaler, konkreter und konstruktivistischer Kunst nicht fehlen. Der gebürtige Düsseldorfer schafft zahlreiche Arbeiten, die zu Synonymen für den künstlerischen Aufbruch der Nachkriegszeit in Deutschland werden – Arbeiten, die als symbolisch für die Freiheit, Leichtigkeit, Modernität und den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Krieg angesehen werden.

Nobert Kricke, Große Fließende H, 1969, Düsseldorf
(c) Frank Vincentz, Düsseldorf – Joseph-Beuys+Brüderstraße – Große Fließende H 02 ies, zugeschnitten, CC BY-SA 3.0

„Er war 1922 geboren worden und gehörte zu jener Generation, die nach dem Krieg ganz neu anfangen konnte, unbelastet von dem, was vorher war, neugierig und offen für jedes Konzept, sofern es nicht ein Rezept enthielt. Er hatte bereits in seinen ersten Arbeiten das Thema präludiert, das ihn dann ein Leben lang beschäftigte: Er nannte die um 1950 entstandenen Plastiken – Miniaturen, verglichen mit den späteren monumentalen Werken – schlicht „Raumplastiken“, und das waren Plastiken, die sich nicht nur im Raum ausdehnen, sondern auch – virtuell – im Raum bewegen. Diese frühen Arbeiten besitzen schon die bemerkenswerte Eigenschaft, die dann zu einem Kennzeichen Krickes wurde. Sie sind keine körperhaften Gebilde (stellen also insofern die Definition von Plastik auf den Kopf), sondern anschaulich konkretisierte Denk-Linien, die Abläufe in einem Raum-Zeit-Kontinuum sichtbar machen.

Um die Mitte der fünfziger Jahre entdeckte Kricke die Dynamik von Raumkurven: Verknotete oder ineinander verschlungene Stahlstäbe, die von einem Zentrum aus sich in den Raum ausdehnen, setzen Bewegungspotentiale frei, von denen die früheren Arbeiten nichts ahnen ließen. Das war Krickes barocke Phase, die sich in Großplastiken verwirklichte. Später hatte er dann formal einfachere, knappe und prägnante Figuren gefunden, die den Gedanken, der hinter der Gestaltung steckt, präzisieren, vom Betrachter aber auch ein Mitdenken verlangen.“

Quelle: Schneider, H.: „Norbert Kricke ist gestorben:Die Linie als Form von Zeit und Raum“, erschienen am 20.07.1984 in DIE ZEIT; online unter: https://www.zeit.de/1984/30/die-linie-als-form-von-zeit-und-raum, aufgerufen am 20.02.2020

Jede Menge Fotos seiner Werke im öffentlichen Raum und eine kurze Biografie unter: Norbert Kricke

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