VG – ein deutscher Vertreter des Konstruktivismus

„VG“ – so nannte sich Friedrich Vordemberge-Gildewart gern selbst – ist der wichtigste und vielleicht einzige bedeutende Vertreter des Konstruktivismus in Deutschland. 1925 tritt der der niederländischen Künstlergruppe De Stijl bei und setzt sich mit den Werken der anderen Mitglieder – allen voran Piet Mondrian und Theo van Doesburg auseinander.

„Anders als der 27 Jahre Ältere Mondrian ging VG nie vom Gegenstand aus, sondern begann sofort das reduzierte geometrische Spiel mit Formen und Farben, bei dem er sein Leben lang hartnäckig blieb. Dass er deshalb als einziger deutscher Konstruktivist gilt, hat dennoch nicht ausgereicht, ihm internationalen Ruhm zu verschaffen. …

Geboren wurde VG 1899 als Sohn eines Tischlers und ging zunächst davon aus, dass er den familiären Betrieb übernehmen würde. Auf Wunsch des Vaters studierte er nach seiner Lehre Innendesign an der Kunstgewerbeschule in Hannover – und entdeckte prompt seine Liebe zur abstrakten Kunst. Hannover war um 1920 ein Melting Pot der Avantgarde: Dada war allgegenwärtig, in Kurt Schwitters‘ Wohnhaus und der Kestner-Gesellschaft trafen sich Dichter, Musiker und Künstler, die Galerie von Garvens zeigte die neuesten Entwicklungen der Abstraktion aus Frankreich und Russland, und das Bauhaus in Weimar war nicht weit. VG wurde also direkt hineingeworfen in das intellektuelle Klima um eine Kunst, die Theo van Doesburg später so formulierte: „Das Kunstwerk muss im Geist vollständig konzipiert und gestaltet sein, bevor es ausgeführt wird. Es darf nichts von den formalen Gegebenheiten der Natur, der Sinne und Gefühle enthalten. Wir wollen Lyrismus, Dramatik, Symbolik usf. ausschalten. Das Bild muss ausschließlich aus plastischen Elementen konstruiert werden, d.h. aus Flächen und Farben. Ein Bildelement hat keine andere Bedeutung als es selbst. Denn wir haben die Zeit des Suchens und der spekulativen Experimente hinter uns gelassen.“ Genauso begann VG nach ersten Experimenten mit Bildhauerei 1923 mit ersten Gemälden: „Ich entwickelte Bilder aus dem Material selbst, aus meinem eigenen Gespür für Komposition, nicht indem ich meine eigenen Versionen von Objekten aus der Natur produziere.“ Ein Jahr später gründete er die Gruppe K, zusammen mit Hans Nitzschke, aus der später die international bekannte Gruppe „die abstrakten hannover“ hervorging. … Es war der Startschuss für seine Karriere: Schwitters, Hans Arp und von Doesburg zählten bald zu seinem engsten Kreis. Letzterer nahm ihn in die „De Stijl“-Gruppe auf und lud ihn nach Paris ein – in der Ausstellung „L’art d’aujourd’hui“ 1925 war VG der einzige, der ein Bild verkaufte. Van Doesburg stellte ihm auch Man Ray, Tristan Tzara und Georges Antheil vor – VG war angekommen in der internationalen Szene, und als er nach Hannover zurückkehrte, folgte Einladung auf Einladung. “

VG beschließt nachdem seine Bilder in Hitlers Schau „Entartete Kunst“ in München verunglimpft wurden, mit seiner jüdischen Frau ins Exil zu gehen. Zunächst in die Schweiz und ein Jahr später dann in die Niederlande.

„VG malt auch im Exil weiter, verfolgt konsequent seine Linie, und bleibt sich auch nach 1945 treu. Was einmal mit einer reduzierten Farbpalette begonnen hatte, erst kleinteilig, dann immer großflächiger, fängt in den Niederlanden an zu leuchten, in kräftigem Blau, Grün, Rot und Gelb. Bezüge zu Musik und Tanz erscheinen … Dabei kommt er in Amsterdam nie wirklich an, fühlt sich isoliert und nicht anerkannt. In der Nachkriegszeit wird es nicht leichter. Zwar arbeitet VG an Buchprojekten, wie sie seine gesamte Laufbahn begleiten, doch plötzlich interessiert man sich in Amsterdam eher für die Cobra Gruppe um Karel Appel, und in Hannover findet der neue Direktor der Kestner-Gesellschaft, „dass meine Arbeiten exzellente Beispiele für Gebrauchsgrafik wären“, wie VG in einem Brief an den Kritiker Franz Roh beklagt. Genau diese funktionale Sichtweise auf die Dinge bereitet ihm Kopfschmerzen, als er in den Fünfzigern eine Professur an der Ulmer Hochschule für Gestaltung annimmt, die ihm zudem kaum noch Zeit für seine eigene Kunst lässt.“

Quelle: Gesine Borcherdt, „Der Geheimtipp des Konstruktivismus“, 07.10.2014, unter: art – Magazin Online , Das Kunstmagazin,: http://www.art-magazin.de/kunst/12193-rtkl-friedrich-vordemberge-gildewart-berlin-der-geheimtipp-des-Konstruktivismus

Siehe auch:
Friedrich Vordemberge-Gildewart – ein De Stijl Maler I
Friedrich Vordemberge-Gildewart – ein De Stijl Maler II

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