Schon in den letzten Tagen habe ich über das Schwarze Quadrat und den Suprematismus von Kasimir Malewitsch geschrieben. Hier noch einmal ein Text, der die Bedeutung dieses ersten Schrittes in Richtung gegenstandsloser Kunst beschreibt und die Verbindung zur Konkreten Kunst erläutert:
„Die Konkrete Kunst in ihrer frühesten expliziten Formulierung geht zurück auf konstruktivistischen Tendenzen. Dem Konstruktivismus lagen unterschiedliche Konzeptionen zugrunde, die in Russland und den Niederlanden zu finden sind.
Eingeleitet wurde die Entwicklung der künstlerischen Geometrisierung beziehungsweise protokonstruktivistischer Gestaltungsweisen in Russland durch Kasimir Malewitsch und Wladimir Tatlin. In der Ausstellung ‚0.10. Letzte futuristische Ausstellung’ zeigten beide Künstler 1915 in St. Petersburg Werke, die den nachkommenden Künstlern wichtige Anregungen gaben. Malewitsch stellte das Gemälde „Schwarzes Quadrat auf weißem Grund“ aus. Es war die erste Formulierung der geometrischen Abstraktion in der Moderne, das Gründungsbild des Suprematismus und gleichzeitig ein Nullpunkt, der zum Ausgangspunkt einer neuen Kunstrichtung wurde. lm Streben nach eigenen Ausdrucksformen und einer Überwindung seiner kubofuturistischen Schaffensphase übertrug Malewitsch seine Gestaltung des Bühnenvorhangs der Oper „Sieg über die Sonne“ von 1913 auf das autonome Gemälde. Das Schwarze Quadrat trägt noch eine physische Handschrift und gibt mit der weißen Fläche als „weiße Tiefe, die freie Unendlichkeit”, dem Quadrat als „Empfindung“ einen Blick in einen irrationalen Raum. Das traditionelle Paradigma der Kunst als Blick aus dem offenen Fenster wurde hier abgelöst. In dem zur Ausstellung erschienenen Manifest definierte Malewitsch den Suprematismus als „Herrschaft über die Formen der Natur“ und präzisierte ihn etwas später dahingehend, dass er als „philosophisches Farbsystem‘ eine neue Ordnung „in der Zeit und im Raum“ konstruieren werde.

In seinen in St. Petersburg ausgestellten „Konterreliefs“ kombiniert Tatlin unterschiedliche Materialien wie Holz, Metall, Stuck, Glas, Papier zu Werken, die durch die partielle Bemalung die Gattungsgrenzen zwischen Skulptur und Malerei aufhaben.“
Quelle: Petra Kunzelmann, „Die erste Avantgarde: Geschichte des Konstruktivismus“, in: Die Konkrete Idee – Konkrete Kunst als ideengeschichtliche Entwicklung, Hrsg.: Museum für Konkrete Kunst, Wienand Verlag , Köln, S. 19f.