Vor einigen Wochen habe ich bereits über Horst Bartnig geschrieben. Er war einer der wenigen konkreten Künstler in der ehemaligen DDR und stellte bereits Mitte der siebziger Jahre seine Werke in Ost-Berlin aus. Ich habe nochmals einen Abschnitt über seine – für ihn charakteristischen – „Unterbrechungen“ gefunden:

„Eine Unterbrechung kann durch eine unfreiwillige Störung oder durch eine willkommene Pause zustande kommen. Bei Bartnig ist die Unterbrechung eine wohlkalkulierte Rhythmisierung, die in ihrer Funktion mit dem Pausenzeichen in der Musik zu vergleichen ist.“ Bei den ‚Unterbrechungen‘ Unterbricht Horst Bartning vertikale Linien „… im immer gleichen Abstand. Am unteren Bildrand wird die Linie abrupt beschnitten, das fehlende Stück bildet jedoch konsequent den Auftakt für eine zweite Senkrechte, die nun von unten nach oben verläuft. Die Begrenzung durch das quadratische Format stellt für Bartnig folglich keine Unterbrechung dar. Es sind die notwendigen äußeren Bedingungen, die maßgeblich über das Resultat mitentscheiden und die Bartnig als integrale Faktoren akzeptiert. So entsteht eine Komposition, in der die Unterbrechungen nicht auf einer horizontalen Linie stehen, sondern durch ihre leichte Verschiebung einen erstaunlichen optischen Effekt erzeugen: Die Bildoberfläche beginnt zu flirren; die Unterbrechungen werden als .. Quadrate wahrgenommen, die sich in Wellenlinien über die Bildfläche schieben. …
Ein einfaches System generiertje nach Definition der einzelnen Komponenten in Bartnigs Kunst jeweils ein vollkommen anderes Erscheinungsbild: Es ist ein unendlich variables System. Dieses unerschöpfliche Potenzial, das sich durch die Variation von Linienlänge, Farbe, Bildformat und Leerstelle ergibt, reizt Bartnig zu immer neuen Versuchsreihen. Das Verhältnis von Grund und Form ebenso wie das von Linie und Fläche wird dabei grundsätzlich befragt. Die Unterbrechung ist ebenbürtig mit der Linie, es gibt auch keine Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund. Die Linie gewinnt wiederum in der Wiederholung an dreidimensionaler Wirkung.“
Quelle: Simone Schimpf: „Horst Bartnig“, in: Konkret. Die Sammlung Heinz und Anette Teufel im Kunstmuseum Stuttgart, Bestandskatalog Bd. 1, Stuttgart, 2009, S. 64
Siehe auch:
Horst Barting – Prinzipien und Systeme