Joseph Kosuth erschafft 1965 mit der Arbeit ‚One and Three Chairs‘ ein Hauptwerk der Konzeptkunst. Allgemeinhin gilt dieses Werk auch als der Startpunkt der Konzeptkunst.
Das Kunstwerk besteht aus einem Stuhl, einer Photographie dieses Stuhles und einem Lexikoneintrag mit einer Definition des Wortes „Stuhl“. Nach Platos Gedanken zur Idee eines Gegenstandes hinterfragt Jospeh Kosuth seine verschiedenen Erscheinungsformen – der reale, wirkliche Stuhl in der Mitte, ein fotografische Reproduktion desselben Stuhles (links) und ein Eintrag über einen Stuhl in einem Wörterbuch (rechts).

by Tony Godfrey, Conceptual Art, London: 1998, Fair use, https://en.wikipedia.org/w/index.php?curid=6981637
Also: Die Arbeit besteht aus einem Holzstuhl, einem Foto eines Stuhls und dem „Wörterbuchstuhl“. Jospeh Kosuth stellt sich nun folgende Fragen: Ist ein Stuhl ein Stuhl? Ist ein Foto von einem Stuhl auch ein Stuhl? Ist die Definition eines Stuhls ein Stuhl? Ist die Definition eines Stuhls mehr Stuhl als ein echter Stuhl oder ein Foto davon? Warum sollte die Definition eines Stuhls weniger Stuhl sein als der Stuhl selbst? Und so weiter.
Der Fotograf gibt den Stuhl an seinem gegenwärtigen Ort im Raum wieder, so dass sich das Kunstwerk jedes Mal verändert, wenn es in einer neuen Umgebung installiert wird. Zwei Elemente der Arbeit bleiben aber bestehen: das exakte Abbild eines Lexikonartikels über das Wort „Stuhl“ und ein Diagramm, das Anweisungen für den Aufbau enthält. Diese beiden konstanten Bildelemente sind von Joseph Kosuth signiert worden. Eine Anweisung für den Installateur des Kunstwerkes lautet dabei, einen Stuhl zu wählen, diesen vor einer Wand zu platzieren und ein Foto davon zu machen. Dieses Foto soll dann auf die Größe des Stuhles vergrößert und wiederum zur Linken des Stuhles aufgehängt werden. Schlussendlich soll eine Vergrößerung des Lexikonartikels zur Rechten des Stuhles aufgehängt werden, dessen obere Lehne mit der Fotografie abgestimmt werden soll.
‚One and Three Chairs‘ soll den Betrachter dazu auffordern, über das Verhältnis von Bild und Wort in logischen und semiotischen Begriffen nachzudenken. Joseph Kosuth’s Thematisierung semantischer Kongruenzen und Inkongruenzen kann als Spiegelung der Problematik der Beziehungen zwischen Konzept und Präsentation gesehen werden. Er verwendet die damit verbundenen Fragen „wie Bedeutungen von Zeichen konstituieren werden“ und „wie Zeichen auf außersprachliche Phänomene verweisen“ als Grundlage, um das Verhältnis von Konzept und Präsentation zu diskutieren. Joseph Kosuth ändert die Kunstpraxis von handgemachten Originalen zu Notationen mit austauschbaren Realisierungen und versucht, die Relevanz dieses Wandels für die Kunsttheorie zu veranschaulichen. Und er legt damit die Grundlage für die Konzeptkunst.
Hier noch ein Link zu einem Auseinandersetzung mit dem Stuhl in der Kunst: Stuhl in der Kunst