Vorgestern habe ich über die Ansicht von Max Bill, dass Produktdesign, Grafikdesign und Architektur die Fortsetzung der Kunst ins reale Leben hinein sind, geschrieben. Diese Ansicht untermauert er mit einer Wanderausstellung, die er konzipiert und die ab 1949 zu sehen ist. Dieser Ausstellung gibt er den Namen „Die gute Form“.
Der Namen „Gute Form“ wird in den fünfziger Jahren – insbesondere nachdem Max Bill 1957 auch noch ein Buch mit dem Titel veröffentlicht – zum Inbegriff eines zeitlos gültigen Designs. „Gute Form“ als funktionelle, sachliche und trotzdem ästhetisch gestaltete Gegenstände, die über einen modischen Zeitgeist hinausgehend, dauerhaft als gelungenes Design Anerkennung finden.

Max Bill beschreibt eine „Gute Form“ wie folgt:
„Gegenstand
Unter einem Gegenstand wird hier ein Produkt verstanden, das vom Menschen, sei es von Hand oder mit technischen Hilfsmitteln, einzeln oder als Massenprodukt hergestellt wird. Es handelt sich demzufolge einschränkend um Gegenstände der Umweltgestaltung, die für verschiedene Zwecke Verwendung finden sollen, beispielsweise Apparate, Möbel, Geräte jeder Art, Gebrauchsgegenstände zum Wohnen und Arbeiten, Maschinen, Werkzeuge, Sportgeräte, Baubestandteile, Verkehrsmittel usw.
Zweckmäßigkeit
Der Gegenstand soll auf die beste mögliche Weise alle Zwecke erfüllen, für die er geschaffen wurde.
Gebrauchswert
Verwendetes Material und Herstellungsweise sollen dazu dienen, den Gebrauchswert des Gegenstandes bestens zu fördern.
Formentsprechung
Die äußere Form und jeder einzelne Bestandteil eines Gegenstandes sollen mit dem zu erfüllenden Zweck und den zur Verwendung gelangenden Materialien übereinstimmen.
Ästhetische Einheit
Die Form eines Gegenstandes soll, über die nur materielle Zweckerfüllung hinaus, nicht nur das zwangsläufige Ergebnis der eng begrenzten Zweckerfüllung sein, sondern die Gesamtheit der zu erfüllenden Funktionen soll zu einem harmonischen Ganzen geformt sein und dadurch einen ästhetisch einwandfreien Gesamteindruck erwecken.
Kulturgut Die gute Form
Die ästhetische Funktion als sichtbarer Ausdruck der Einheit aller Funktionen ist das entscheidende Argument dafür, ob ein Gegenstand über seine reine Zweckerfüllung hinaus zu den Kulturgütern unserer Zeit gerechnet und demzufolge als «Die gute Form» ausgezeichnet werden kann.“
Quelle: Max Bill, „Die gute Form“, in: Zeitschrift: Das Werk : Architektur und Kunst = L’oeuvre : architecture et art, Band (Jahr): 44 (1957), Heft 4: Wohlfahrtsbauten – Formgebung, S. 140