Bei meinem Streifzug durch die französische, zeitgenössische Konkrete Kunst bin ich auf eine spannende, französische Künstlergruppe gestoßen: Supports/Surfaces
Die Künstlergruppe Supports/Surfaces existiert nach ihrer Gründung 1969 nur drei Jahre und löst sich bereits 1972 wieder auf. Trotzdem erreicht sie eine gewisse Bekanntheit und findet immer wieder Erwähnung als die letzte, avantgardistische Künstlergruppe in Frankreich. Hauptinitiator der Gruppe ist der in Montpellier geborene Vincent Bioulès. Er entwirft auch den Namen der Gruppe. Die Künstler der Gruppe stellen die traditionellen Bildmittel in Frage und kombinieren ihre künstlerische Auseinandersetzung mit theoretischen Reflexion und politischen Positionen – besonders innerhalb der Zeitschrift Peinture-Cahiers Théoriques.

Die Theorien und Werke der Gruppe zeichnet sich durch den Ansatz aus, das Motive der Bilder in den Hintergrund zu rücken. Stattdessen werden unterschiedliche Ausdrucksformen bezüglich des Bildträgers (franz.: support) und der Bildoberfläche (franz.: surface) untersucht. Traditionelle Medien werden ebenso in Frage gestellt, wie deren traditionelle Bearbeitung der Oberflächen mit Farben. Neue Oberflächen und neue Bearbeitungsformen dieser Oberflächen sind im Fokus der Künstler der Gruppe. Als Medien kommen Planen, Stoffe, alle Arten recycelter Materialen und vieles mehr zum Einsatz. Die Oberflächen werden gebürstet, zerrissen, gefaltet, zerschnitten, vernäht, … All diese Praktiken zeugen von dem Wunsch, zu primitiven Gesten zurückzukehren, die kaum einen Wert auf das Motiv legen.
Den Überlegungen und Untersuchungen der Gruppe ging bereits Mitte der fünfziger Jahre in Japan die Avantgardebewegung Gutaï voraus. Und parallel zu den Auseinandersetzungen mit neuen Wegen der Kunst der Supports/Surfaces Gruppe finden sich, auch Ende der sechziger Jahre, vergleichbare Auseinandersetzungen zur Frage des Werks, seines Bildträgers und seines Entstehungsprozesses in den Künstlergruppen der amerikanischen Minimal Art oder der italienischen Arte Povera.
„Der Gegenstand der Malerei ist die Malerei selbst und die ausgestellten Bilder beziehen sich nur auf sich selbst. Sie appellieren nicht an ein „Anderswo“ (z. B. die Persönlichkeit des Künstlers, seine Biographie, die Kunstgeschichte). Sie bieten keinen Ausweg, denn die Oberfläche verbietet durch die dort vorgenommenen Form- und Farbbrüche die gedanklichen Projektionen oder traumartigen Wanderungen des Betrachters. Die Malerei ist eine Tatsache an sich, und auf ihrem Grund müssen wir die Probleme stellen. Es ist weder eine Rückbesinnung auf die Quellen noch die Suche nach einer ursprünglichen Reinheit, sondern die bloße Freilegung der Bildelemente, die die Bildtatsache ausmachen. Daher die Neutralität der präsentierten Werke, ihre Abwesenheit von Lyrik und Ausdruckstiefe.“
Auszug aus dem Artikel „La peinture en question“ im Katalog zur Ausstellung der Künstlergruppe im Musée du Havre, 1969
In den kommenden Tagen ein wenig mehr zu dem einen oder anderen Künstler der Supports/Surfaces, die sich eben in dieser Gruppe für drei Jahre zusammengefunden haben und dann ihre eigenen Wege weitergingen in die verschiedensten, künstlerischen Richtungen: von abstrakten Expressionismus bis hin zur geometrischen Abstraktion ist alles mit dabei.