Hans Haacke in Goslar – „Wir sind (alle) das Volk“

Der Konzeptkünstler Hans Haake, den ich in den vergangenen Tagen hier vorgestellt habe, wird 2020 mit dem Kaiserring der Stadt Goslar für seine künstlerisches Werk ausgezeichnet. In der Kaiserringverlautbarung zur Verleihung des Kaiserrings an den Künstler heißt es dabei: „Hans Haacke legt in seinem Werk von Beginn an die Mechanismen von Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnissen in der Gesellschaft und somit auch in der Kunst offen. Wobei Gesellschaft für ihn nicht nur aus Menschen bestand, sondern auch aus Möwen und Pflanzen. Die verhängnisvollen ideologischen Verschränkungen von Nationalität, Klasse, Ethnie werden in seinen Arbeiten in ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz und eleganten Oberflächlichkeit auf verstörende Weise sichtbar, der Weg des Kapitals in seiner globalen Dominanz unleugbar.“

Die offizielle Übergabe des Ringes konnte erst in diesem Jahr stattfinden und auch jetzt erst wird Hans Haacke mit einer Kunstaktion und einer Ausstellung in Goslar gewürdigt. Noch bin zum 30. Januar läuft die Ausstellung im Mönchehaus Museum und die Kunstaktion im Stadtraum Goslar: „Wir sind (alle) das Volk“. Parallel zur Ausstellung ist das – unten gezeigte Plakat – in Goslar an verschiedenen Stellen in der Stadt zu sehen.

Hans Haacke, Wir (alle) sind das Volk, PhiWir (alle) sind das VolkCC BY-SA 4.0

Wir (alle) sind das Volk steht in verschiedenen Sprachen in schwarzer Schrift auf weißem Grund auf einer Plane. Ein Regenbogenverlauf rahmt das Textfeld ein. …

Dass die Arbeit durchaus vielschichtiger ist, ist charakteristisch für das Œuvre Haackes. Der Künstler bedient sich immer wieder der Symbolsprache der kommerziellen Werbung, geht dabei aber stets kritisch auf den aktuellen räumlichen und zeitlichen Kontext seiner Werke ein. So basierte die Arbeit auf einem Wettbewerbsentwurf, den Haacke 2003 für den Hof der Nikolaikirche in Leipzig – Ausgangspunkt der Montagsdemonstratio­nen von 1989 – konzipiert hatte. Damals skandierten die Demonstranten »Wir sind das Volk«. Haackes Entwurf wurde jedoch nicht realisiert. So griff er die Idee später wieder auf und setzte sich in dem neuen Werk nicht nur mit der turbulenten Zeit der deutschen Geschichte auseinander, sondern auch mit aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen.

Die Wahl der Sprachen auf Haackes Plakaten spiegelt prozentual den Anteil an Migranten und Geflüchteten am jeweiligen Ausstellungsort wieder. Die Arbeit spielt vor diesem Hintergrund mit den ambivalenten Bedeutungsebenen, die mit dem Ausspruch »Wir sind ein Volk« verbunden sind. Zunächst prägend für die Zeit der Wiedervereinigung, ist er in den vergangenen Jahren auch zunehmend zum Ausdruck rassistischer Gesinnung geworden. So warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Ansprache 2016 davor, den Satz »nicht von Rechtsextremen vereinnahmen zu lassen«. Haacke offenbart mit seinem Projekt die (damals wie heute) aktuellen Debatten zur Flüchtlingspolitik und den steigenden Rassismus in Deutsch­land. Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen offen: Wer sind »wir«, wer »alle«?“

Quelle dieser Einführung in die Kunstaktion und alle weiteren Information dazu, wie auch zur laufenden Ausstellung, auf den Webseiten des Mönchehaus Museums morgen mehr.: „Wir sind (alle) das Volk“

Ein Gedanke zu “Hans Haacke in Goslar – „Wir sind (alle) das Volk“

  1. Moderne Kunst in Fachwerkbauten – dieses Museum zu besuchen, birgt viele Überraschungen – als ich nach vielen Jahren meine Geburtsstadt wieder besuchte, war ich voller Bewunderung.
    Auch diese Haacke-Austellung bringt nochmal in Erinnerung, dass die Nazis Goslar zur Reichsbauernstadt ernannt hatten.
    Mit den Wünschen für ein friedvolles Weihnachtsfest grüsst Dich Karin und sei bedankt für die vielen Beiträge über ihr oft unbekannte Künstler und Kunstrichtungen

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