Lucio Fontana – Meister der Schnittbilder

Vorgestern habe ich den argentinisch-italienischen Künstler Lucio Fontana vorgestellt. Er steht für eine besondere Dreidimensionalität in der Kunst: er erschafft seine Werke mit dem Messer, in dem er Leinwände zerschneidet. Mit diesen Schnittbildern begründet er eine symbolische Erneuerung in der Kunst.

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Lucio Fontana, Schnittbild, Saverio.G, GNAM WLM18 26, zuschnitt, CC BY-SA 4.0

„Die Kunstwelt feierte den knapp 60-jährigen Italiener für seine bilderstürmerische Geste. Sie schien der damals in den USA erfolgreichen Farbfeldmalerei Paroli zu bieten. Dabei war Lucio Fontana nicht in erster Linie Maler, sondern Bildhauer. Was ihn interessierte, war der Raum, das Experiment im Raum. Für ihn war die Kunst eine Wissenschaft. Und darin war er ungeheuer produktiv.

„Dann habe ich Farben benutzt, wirklich zu Dekorationszwecken, worin ich nichts Negatives sehe, schließlich kann man Wände dekorieren, und Michelangelo hat die Sixtinische Kapelle dekoriert. Später hat ‚dekorieren‘ dann diese abwertende Bedeutung bekommen.“

Die Kunst war ihm nicht heilig, sondern ein Abenteuer. Zunächst hatte er wie sein Vater als Auftragsbildhauer gearbeitet. Obwohl er darin recht erfolgreich war, wollte er etwas anderes. Noch im Alter von 30 Jahren studierte er in Mailand an der Accademia di Belle Arti di Brera Bildhauerei. Rein technisch war der 1899 in Argentinien geborene Italiener allen anderen Studenten weit überlegen. Dennoch probierte er in dieser Phase alle möglichen Stile aus, um am Ende den italienischen Futuristen seine Referenz zu erweisen. Passagen des von ihm initiierten „Weißen Manifests“ aus dem Jahre 1949 klingen wie Zitate aus einem der „Futuristischen Manifeste“.

„Es gibt kein ruhiges Leben mehr. Der Begriff der Geschwindigkeit ist eine Konstante im menschlichen Leben. Das Zeitalter paralysierter Formen und Farben ist vorüber.“

Lucio Fontanas erster, im selben Jahr medienwirksam inszenierter Auftritt war die Durchlöcherung der Leinwand. Das war lange bevor er mit seinen Schlitzbildern den Kunstmarkt eroberte.

„Meine Entdeckung ist das Loch, punktum; und nach dieser Entdeckung kann ich auch beruhigt sterben.“

Quelle: Carmela Thiele, „Vor 50 Jahren gestorben: Lucio Fontana – Meister der Schnittbilder“, Deutschland Funk Online, unter: https://www.deutschlandfunk.de/lucio-fontana 

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