Vorgestern habe ich an dieser Stelle Katrina Blannin vorgestellt und ihre Serienvariationen diskutiert. Auch Jane Harris ist für ihre experimentellen Serien bekannt, die stets neue Perspektiven enthüllen. Kontinuierliche Wiederholungen fördern ein Prinzip, das sowohl auf ein meditatives Schaffen hinweist als auch die Malerei als einen prozessorientierten Denkansatz betrachtet. Jane Harris wird in der Küstenstadt Swanage in der Grafschaft Dorset geboren und verbringt dort ihre Kindheit. Ihre künstlerische Ausbildung beginnt sie in Bournemouth und setzt sie in Camberwell sowie Brighton fort, bevor sie schließlich an der renommierten Slade School of Fine Art in London studiert. Nach ihrer Ausbildung arbeitet sie zehn Jahre lang als freischaffende Künstlerin und erhält Stipendien, die sie zu Studien klassischer Gärten in Paris und Zen-Gärten in Japan führen.
Diese Erfahrungen haben einen erheblichen Einfluss auf ihre spätere Arbeit. Auf der Suche nach intellektueller Auseinandersetzung studiert sie später am Goldsmiths College, wo sie ihre charakteristische Bildsprache mit elliptischen Formen entwickelt – eine Maltechnik, die ihren Werken eine vielschichtige und wandelbare Identität verleiht. Ab Mitte der neunziger Jahre unterrichtet Jane Harris dann für zehn Jahre am College, bevor sie sich mit ihrem Ehemann, dem Bildhauer Jiří Kratochvil, und ihrem Sohn in das ländliche Périgord in Frankreich zurückzieht. Dort richtet sie ein Atelier ein und widmet sich ganz ihrer Kunst. Die Abgeschiedenheit und das sich ständig verändernde Licht der Landschaft vor ihrem Fenster prägen ihre Arbeiten, die nun komplexer und farbenreicher werden.
Jane Harris erlangt Bekanntheit durch ihre faszinierenden, scheinbar abstrakten Werke, in denen sich formale Strenge und malerische Sinnlichkeit auf einzigartige Weise vereinen. Was ihre Gemälde auf den ersten Blick so anziehend macht, ist die Klarheit der Formen. Meist dominiert eine zentrale, oft symmetrisch angeordnete elliptische Struktur das Bild. Doch wer sich Zeit nimmt, entdeckt unter der Oberfläche ein komplexes Spiel: Die Pinselstriche folgen nicht bloß einem Muster, sondern erzeugen je nach Blickwinkel ein unterschiedliches Lichtspiel.
Obwohl Jane Harris‘ Werke auf den ersten Blick stark formalistisch erscheinen, sieht sie ihre Malerei niemals als rein abstrakt an. Sie beschreibt ihre Formen oft als „charakterlich“ – fast wie Gesichtslose Porträts. Ihre Kompositionen sind intim, jedoch nicht autobiografisch. Sie spiegeln ein tiefes Interesse am Rhythmus, an der Zeitlichkeit und am körperlichen Aspekt des Malens wider. Der Pinselstrich bleibt dabei stets sichtbar: ein haptisches Zeugnis sowohl für den kreativen Prozess als auch für die Präsenz der Künstlerin. Jane Harris, die 2022 verstirbt, schreibt sich still, aber nachhaltig in das kollektive Gedächtnis der britischen Kunst ein – mit einer Bildsprache, die ebenso streng wie poetisch ist.
Mehr zur Künstlerin: Jane Harris
Meine Reihe mit britischen konkreten Künstlerinnen und Künstlern schließe ich mit Jane Harris ab – wohlwissend, dass es jede Menge mehr historische und zeitgenössische Konkrete gibt, die hier miz zu erwähnen wären. Irgendwann nehme ich den Faden der britische Konkreten und speziell der System Artists mal wieder auf.