Kenneth und Mary Martin: Das konstruktive Künstlerpaar der britischen Nachkriegsmoderne

Kenneth und Mary Martin bilden eines der prägendsten Künstlerpaare der britischen konstruktiven Kunst. Gemeinsam entwickeln sie ab den fünfziger Jahren ein einzigartiges Œuvre, das mathematische Präzision mit künstlerischer Innovation verbindet und die Konkrete Kunst in Großbritannien nachhaltig beeinflusst.

Kenneth Martin beginnt seine künstlerische Laufbahn zunächst als Maler figurativer Landschaften, während Mary Martin sich der Bildhauerei widmet. Der entscheidende Wendepunkt in ihrem gemeinsamen Schaffen kommt nach dem Zweiten Weltkrieg, als sie sich zunehmend der geometrischen Abstraktion und dem Konstruktivismus zuwenden. Inspiriert vom europäischen Konstruktivismus und der konkreten Kunst entwickeln sie eine einzigartige Formensprache, die auf mathematischen Prinzipien basiert.

Kenneth und Mary Martin, Ausstellung 2007 in Constructed Works – Camden Art Centre

Ihre künstlerische Partnerschaft ist von einer produktiven Arbeitsteilung geprägt: Kenneth konzentriert sich vor allem auf kinetische Skulpturen und Mobiles, während Mary reliefartige Wandobjekte schafft, die durch ihre klare geometrische Ordnung bestechen. Gemeinsam erforschen sie systematische Kompositionsmethoden, insbesondere das Prinzip der seriellen Anordnung und progressiven Variation. Das Paar macht es sich zur Aufgabe, mathematische Konzepte in dreidimensionale Formen zu übersetzen.

Besonders innovativ ist Kenneth Martins Beschäftigung mit Bewegung in der Kunst. Seine kinetischen Arbeiten untersuchen, wie sich geometrische Formen durch Drehung und Verschiebung verwandeln. Mary Martin hingegen perfektioniert in ihren Reliefs die Kunst der statischen, aber optisch vibrierenden Kompositionen aus industriellen Materialien wie Stahl und Aluminium.

Als Lehrende am Chelsea College of Art unterrichten und prägen die Martins eine ganze Generation britischer Künstler. Ihr Haus in London wird zum Treffpunkt der konstruktiven Avantgarde, wo sich Künstler wie Anthony Hill und Victor Pasmore regelmäßig austauschen. Trotz ihres gemeinsamen Stils bewahren Beide individuelle Handschriften: Kenneths Arbeiten zeigten oft eine spielerischere, experimentellere Note, während Marys Kompositionen durch ihre strenge Klarheit bestechen. Dieser produktive Dialog zwischen System und Intuition macht das Besondere ihres gemeinsamen Schaffens aus. Ihr Erbe lebt nicht nur in der konkreten und konstruktiven Kunst weiter, sondern auch im zeitgenössischen Design und der Architektur, die ihre Prinzipien der modularen Komposition bis zum heutigen Tag aufgreifen.

Ein englischsprachiges Portrait von Kenneth Martin findet sich hier: Order and chance: The Art of Kenneth Martin (1905-1984); und hier eine Einführung in das Leben und Wirken von Mary Martin

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