Als einer der wichtigsten Vertreter der britischen Systems Group – die ich in den letzten Tagen hier vorgestellt habe – hat Jeffrey Steele die Kunst der geometrischen Abstraktion und Konkreten Kunst in Großbritannien maßgeblich geprägt. Seine streng konzipierten, mathematisch fundierten Werke erforschen die grundlegenden Gesetze visueller Ordnung und zeigen, wie systematische Prozesse zu ästhetischen Lösungen führen können.
1931 in Wales geboren, beginnt der künstlerische Weg von Jeffrey Steele in den fünfziger Jahren, als er sich zunächst mit Malerei beschäftigt. In Paris setzt er sich mit den Werken von Victor Vasarely, Max Bill und Josef Albers auseinander und entwickelt sich hin zu einer zunehmend gegenstandslosen Malerei, die zunächst insbesondere durch die Op-Art-Bewegung beeinflusst ist. Acht Jahre lang arbeitet er ausschließlich in Schwarz-Weiß und integriert erst in den siebziger Jahren andere Farben in seine Werke.

Entscheidend sind aber seine Begegnung mit den Ideen der Zürcher Konkreten um Max Bill, die ihn zu einer radikalen Neudefinition seines künstlerischen Ansatzes führen. Anders als viele seiner Zeitgenossen versteht Jeffrey Steele Kunst nicht als Ausdruck von Subjektivität, sondern als Feld systematischer Untersuchungen.
Das Besondere an Jeffrey Steeles Werk ist die Verbindung von mathematischer Strenge mit künstlerischer Sensibilität. Er entwickelt komplexe Kompositionssysteme, die auf präzisen geometrischen Relationen basieren. Seine Arbeiten folgen meist strengen Algorithmen – etwa Progressionen, Permutationen oder symmetrischen Anordnungen –, die seinen Werken eine klare Struktur und eine besondere visuelle Spannung verleihen.
Als Mitorganisator der „Systems“-Ausstellung 1972 in der Londoner Whitechapel Gallery (zusammen mit Malcolm Hughes) wird Jeffrey Steele zu einem wichtigen Theoretiker der Bewegung. Die Schau markiert einen Höhepunkt der systemorientierten, konkreten Kunst in Großbritannien und zeigt, wie methodische Ansätze neue ästhetische Möglichkeiten eröffnen können. Im Vergleich zu anderen Systemkünstlern wie Peter Lowe oder Jean Spencer zeichnet sich Jeffrey Steeles Werk durch eine besondere Komplexität aus. Während einige Kolleginnen und Kollegen der Bewegung mit einfachen Rotationen oder Spiegelungen arbeiten, entwickelt Jeffrey Steele oft mehrschichtige Systeme, die verschiedene Transformationsebenen kombinieren. Seine Bilder wirken wie visuelle Gleichungen, deren innere Logik sich erst bei genauer Betrachtung erschließt.
Jeffrey Steeles Kunst zeigt vor allem dann in den achtziger und neunziger Jahren, dass Reduktion nicht mit Einfachheit gleichzusetzen ist. Hinter seinen klar strukturierten Kompositionen verbergen sich komplexe Denkprozesse – und gerade diese Spannung zwischen System und Sinnlichkeit macht sein Werk faszinierend. In einer Zeit, die von algorithmischen Prozessen geprägt ist, wirken seine analogen „Forschungen“ aktueller denn je. Sie erinnern uns daran, dass Kunst auch ein Medium der Erkenntnis sein kann.
Mehr Informationen und Bilder im Webauftritt des Künstlers: Jeffrey Steele