Mike Nelsons Korallenriff

Bin immer noch beim britischen Installationskünstler Mike Nelson. Seine Werke habe es mir angetan!

Ein weiteres besonderes Werke des Künstlers ist sein The Coral Reef (Korallenriff) aus dem Jahre 2000. Es ist tatsächlich eine seiner bekanntesten Installationen und ein eindringliches Beispiel für seine Fähigkeit, begehbare, narrative Räume zu erschaffen. Die Installation wird erstmals in der Tate Britain ausgestellt und besteht aus einem labyrinthischen Netzwerk aus 15 miteinander verbundenen Räumen, die scheinbar verschiedene Orte darstellen – heruntergekommene Büros, schäbige Warteräume, geheime Hinterzimmer oder verborgene Treffpunkte.

Die Besucher werden eingeladen, diese Räume zu durchqueren und sich durch eine verwirrende Abfolge von Türen und Korridoren zu bewegen. Jeder Raum wirkt bewohnt oder zumindest vor kurzem genutzt: Aschenbecher mit Zigarettenstummeln, abgenutzte Sofas, Notizen an Wänden und Tischen erzeugen den Eindruck, dass jemand gerade noch hier war. Doch die Räume sind leer, die Menschen fehlen – eine Atmosphäre der Abwesenheit und Unsicherheit liegt über der gesamten Installation.

Mike Nelson nutzt in The Coral Reef bewusst Gegenstände des Alltags und Fundstücke, um die Räume glaubwürdig erscheinen zu lassen. Doch gleichzeitig entsteht eine surreale, fast paranoide Stimmung. Die Orte scheinen einer alternativen Realität zu entspringen, als gehörten sie einem geheimen Untergrund oder einer subversiven Gemeinschaft. Die Installation verweist auf gesellschaftliche Randgruppen, illegale Netzwerke oder politische Widerstandsbewegungen, bleibt aber in ihrer Deutung offen.

Der Titel The Coral Reef (Korallenriff) ist metaphorisch zu verstehen. So wie ein Riff ein verborgenes Ökosystem unter der Wasseroberfläche darstellt, symbolisiert die Installation ein verborgenes gesellschaftliches Geflecht, das sich hinter der sichtbaren Welt abspielt. Mike Nelson thematisiert damit Parallelgesellschaften und alternative Strukturen, die abseits der öffentlichen Wahrnehmung existieren.

Ein weiteres zentrales Motiv des Werks ist die Orientierungslosigkeit. Die Besucher verlieren schnell den Überblick und fühlen sich in den verschlungenen Gängen gefangen. Dadurch wird das Kunstwerk zu einer physischen und psychologischen Erfahrung: Man betritt eine Welt, in der sich Realität und Fiktion vermischen, in der Vertrautes plötzlich bedrohlich oder mysteriös erscheint.

Mit The Coral Reef schafft Mike Nelson eine immersive Rauminstallation, die den Betrachtenden nicht nur als passiv Beobachtenden einbindet, sondern ihn zwingt, sich aktiv mit den Räumen auseinanderzusetzen. Die Arbeit bleibt eine tiefgehende Reflexion über soziale Strukturen, Machtverhältnisse und die verborgenen Schichten der Gesellschaft.

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