Mike Nelson – Schauplätze vergessener Geschichten

Auch wenn ich in meiner Reihe von Installatonskünstlerinnen und -künstler eigentlich diejenigen vorstellen wollte, die die Gegenständlichkeit überwinden und so einen Berührungspunkt zu den Prinzipien der Konkreten Kunst haben, so gibt es doch eine Reihe von ihnen, deren gegenständliche Werke mich faszinieren. Einer davon ist der britischer Installationskünstler Mike Nelson, der für seine groß angelegten, immersiven Rauminstallationen bekannt ist. Geboren 1967, erlangt er internationale Anerkennung durch seine komplexen, labyrinthischen Werke, die den Betrachtenden physisch und psychologisch herausfordern. Seine Installationen bestehen oft aus rätselhaften, narrativen Räumen, die an verlassene Orte, dystopische Landschaften oder geheime Treffpunkte erinnern.

Mike Nelson beginnt seine künstlerische Karriere in den neunziger Jahren und entwickelt eine einzigartige Praxis, die sich zwischen Skulptur, Architektur und Szenografie bewegt. Ein zentrales Merkmal seiner Werke ist die Verwendung von gefundenen Materialien und Alltagsgegenständen, die er zu detailreichen, atmosphärischen Umgebungen zusammensetzt. Diese Räume wirken oft wie Schauplätze vergessener Geschichten, als ob ihre Bewohner sie gerade erst verlassen hätten. Dabei spielt Mike Nelson mit dem Spannungsverhältnis zwischen Realität und Fiktion, indem er die Grenzen zwischen Kunstinstallation und realer Umgebung verschwimmen lässt.

Ein bekanntes Beispiel für seine Arbeit ist The Coral Reef (2000), das er für die Tate Britain schafft. Diese labyrinthartige Installation besteht aus einer Reihe von miteinander verbundenen Räumen, die an verschiedene zwielichtige Orte wie heruntergekommene Büros, billige Motels oder versteckte Treffpunkte erinnern. Die Besuchenden werden eingeladen, diese Räume zu durchqueren und sich in einem verwirrenden Netzwerk aus Gängen und verborgenen Räumen zu verlieren. Die Arbeit thematisiert Machtstrukturen, Randgruppen und Subkulturen und erzeugt ein Gefühl der Unruhe und Unsicherheit.

Ein weiteres bedeutendes Werk ist I, Impostor (2011), das Mike Nelson im britischen Pavillon der Biennale von Venedig präsentiert. Hier schafft er eine begehbare Rekonstruktion eines seiner früheren Werke aus Istanbul, das er in einem neuen Kontext wieder aufbaut. Durch diese Art der Wiederverwertung eigener Installationen erforscht Nelson das Thema der Erinnerung und die Art und Weise, wie Orte und Erlebnisse durch Wiederholung eine neue Bedeutung erhalten können.

Heute gilt Mike Nelson als einer der einflussreichsten Installationskünstler seiner Generation. Seine Werke werden in renommierten Institutionen wie der Tate Modern, dem ICA London und auf der Biennale von Venedig gezeigt.

Einige Fotos seiner Werke und viel mehr Informationen zum Künstler finden sich auf den Webseiten der 303 Gallery: Mike Nelson – 303 Gallery

Hier eine englischsprachige Einführung in das Werk vom Künstler selbst:

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