Als Bildender Künstler und Kunsthistoriker zugleich, produziert der Belgier Jo Delahaut nicht nur ein beachtliches künstlerisches, sondern auch ein umfangreiches wissenschaftliches Œuvre. Er beginnt in den dreißiger Jahren sein Studium der Kunst in Brüssel und promoviert Ende der fünfziger Jahre in Kunstgeschichte an der Universität Lüttich mit einer Doktorarbeit über den belgischen Neoklassizismus.
Im Jahr darauf startet Jo Delahaut mit expressionistischen Malversuchen und stellt Anfang der vierziger Jahre seine Arbeiten zum ersten Mal aus.

Quelle: Signe n° 3 | Abstract Modernism, © SABAM Belgium 2024, photo AD-Art CC-BY-NC (Creative Commons 4.0)
Die Begegnung mit dem Werk Auguste Herbins eröffnet dem jungen Jo Delahaut neue Perspektiven. Ab 1945 malt er ausschließlich abstrakt und beteiligt sich 1947 am Pariser Salon des Réalités Nouvelles. Mit befreundeten Künstlern gründet er – noch in den vierziger Jahren – unter anderem die Gruppen La Jeune Peinture Belge (1947) und – mit Pol Bury, Jean Milo, Georges Collignon and Albert Saverys – Art Abstrait (1952). Parallel dazu unterrichtet Jo Delahaut Kunstgeschichte an verschiedenen belgischen Instituten und veröffentlicht zahlreiche wissenschaftliche Publikationen.
Den theoretischen Schriften folgend, ist seine geometrische Abstraktion für Jo Delahaut ein Mittel, um die Mechanismen der intellektuellen Aktivität zu erwecken, eine an den menschlichen Geist gerichtete Metasprache. Er nutzt die lange Zeit bekannte dialektische Beziehung zwischen Form und Farbe und verwendet in seiner Arbeit die ebene Geometrie, weil sie, wie er sagt, „das Repräsentativste für den Menschen (…)“ ist. Es erhöht die Klarheit einer Präsentation, ist lesbar und intuitiv verständlich, selbst für diejenigen, die sich mit der Theorie nicht auskennen.“
In den fünfziger-Jahren entfernt sich Jo Delahaut dann von seinen ursprünglich intuitiv gestalteten geometrischen Konstruktionen und führt ein serielles, in zahlreichen Bildern variiertes Element ein: das Ovalsegment, gelegentlich auch als ‚halbes U‘ bezeichnet. Das Oval wird immer wieder wiederholt, so dass auf der Leinwand rhythmische Reihen entstehen. In den sechziger Jahren malt Jo Delahaut hauptsächlich solche rhythmische Reihen geometrischer Formen, eher er sich dann in den siebziger Jahren neuen Motiven widmet. Die nun entstandenen Werke erinnern an Hardedge oder auch an Farbfeldmalerei: große, monochrome Flächen, die durch präzise gesetzte Linien gegliedert werden.
In seinem späteren Werk experimentiert Jo Delahaut dann mit Farbwirkungen, verschiedenen Techniken und Materialien. Er schafft nicht nur Gemälde, sondern auch Skulpturen, Grafiken und sogar Tapisserien – bleibt aber seiner geometrischen Abstraktion weitestgehend treu und wird durch sein Lebenswerk, aber auch durch seine theoretischen Eingebungen, zu einem der Vorreiter der geometrischen Abstraktion und Konkreten Kunst in Belgien.
Es gibt eine interessante Webseite der Flemish Art Collection Association mit jede Menge Informationen zur abstrakten Moderne und deren Künstler. Dort sind auch eine kurze Biografie und Werke von Jo Delahaut zu finden: Jo Delahaut | Abstract Modernism
Quelle: vgl. Roland Prügel: „Jo Delahaut“, in: Konkret. Die Sammlung Heinz und Anette Teufel im Kunstmuseum Stuttgart, Bestandskatalog Bd. 1, Stuttgart, 2009, S. 98