Eileen Gray beginnt ihre Karriere als Designerin mit dem Entwurf exklusiver Lackmöbel, doch ihr Durchbruch kommt erst im Alter von 50 Jahren mit dem Bau ihres Hauses E-1027 an der französischen Riviera und den dazugehörigen innovativen Möbeln. Sie setzt konsequent Funktionalität als gestaltungsbestimmendes Element ein.
Originalstücke von Eileen Gray erzielen heute Höchstpreise auf Auktionen, und Reeditionen ihrer wichtigsten Entwürfe sind beliebte – und oft kopierte – Klassiker des modernen Designs. Dass Eileen Grays Name jedoch in einem Atemzug mit Le Corbusier, Marcel Breuer und anderen Ikonen der Designgeschichte genannt wird, ist ein relativ neues Phänomen. Zu Lebzeiten gerät sie nahezu in Vergessenheit, und erst ab den siebziger Jahren wird ihr Werk wiederentdeckt. Während die meisten Künstler dieser Zeit einer Gruppe oder zumindest einer Bewegung zugeordnet werden können, bleibt Eileen Gray stets eigenständig. Zwar sind Einflüsse der niederländischen De Stijl-Gruppe, des Japonismus und des Art déco durchaus erkennbar, doch entwickelt sie als Lackkünstlerin, Möbeldesignerin oder später als Architektin ihren ganz eigenen Stil.
Nach ihrem Malereistudium in London zieht die gebürtige Irin Eileen Gray 1902 nach Paris. Hier vertieft sie ihre in London erworbenen Kenntnisse der Lackkunst und erlernt über viele Jahre hinweg die Feinheiten dieser Kunst vom japanischen Lackkünstler Seizo Sugawara. Eileen Gray macht sich mit ihren Entwürfen für exklusive Lackmöbel und Paravents einen Namen und eröffnet 1922 die Galerie Jean Désert.
Waren ihre Arbeiten zunächst sehr dekorativ und opulent, wandelt sich ihr Stil in den zwanziger Jahren radikal hin zu einem schlichteren Formenrepertoire. Prägend für diese Entwicklung ist – neben ihrem Kontakt zur Künstlergruppe De Stijl und ihrem streng geometrischen Stil – der französische Architekt Jean Badovici – ihr Liebhaber. Auch in der Materialwahl setzt Eileen Gray nun auf Moderne: Stahlrohr, Aluminium und Glas ersetzen Elfenbein, Perlmutt und Lack. Der Bibendum-Stuhl und der Beistelltisch Adjustable Table E-1027 (1929) sind Beispiele ihrer modernen, minimalistischen Möbel, die sowohl von schlichter Eleganz als auch von Funktionalität geprägt sind.

Diese Klassiker sind Entwürfe für ihr erstes Haus. Jean Badovici hatte die Autodidaktin in ihrer Idee bestärkt, ein Haus zu entwerfen und einzurichten. In Zusammenarbeit mit Jean Badovici entsteht zwischen 1926 und 1929 die Villa E-1027 in Roquebrune an der französischen Riviera. (Der Name des Hauses ist ein Zahlenspiel – er fügt zur persönlichen Identifikation der Autoren deren Initiale des Namens über einen Zahlenschlüssel des Alphabets zusammen: E=Eileen, 10=Jean, 2=Badovici, 7=Gray.) Eileen Gray entwirft innovative Einbaumöbel für das L-förmige Flachdachgebäude und multifunktionale Einzelmöbel aus Stahlrohr, beispielsweise eben den – oben gezeigten – Beistelltisch E-1027.
Obwohl sie 1937 die Einladung Le Corbusiers annimmt, in seinem Pavillon auf der Pariser Expo auszustellen, führt sie zu dieser Zeit bereits ein sehr zurückgezogenes Leben in dem von ihr entworfenen Haus Tempe à Pailla in Südfrankreich. Eileen Grays Name gerät danach in Vergessenheit, bis 1972 Möbel aus dem Nachlass des Sammlers Jacques Doucet versteigert werden.
Mehr zu Eileen Gray bei Wikipedia Eileen Gray sowie in einem lesenswerten Artikel des Deutschlandfunks über ihr Haus und Le Corbusier: Eileen Gray – Ein Haus als Liebeserklärung und natürlich auch noch im Wikipedia Eintrag zum Haus: E.1027