Die Casablanca Art School: Eine Revolution der marokkanischen Kunst

Vorgestern habe ich an dieser Stelle über die Ausstellung „Casablanca Art School. Eine postkoloniale Avantgarde 1962–1987“ in der SCHIRN Kunsthalle in Frankfurt geschrieben. Bevor ich einige Künstlerinnen und Künstler noch ein wenig näher vorstelle, hier zunächst nochmals zur Schule an sich:

In den sechziger und siebziger Jahren erlebt Marokko eine bedeutende kulturelle Bewegung, die die Kunstlandschaft des Landes nachhaltig veränderte: die Casablanca Art School. Diese Bewegung war mehr als nur eine Schule im traditionellen Sinne; sie war ein Schmelztiegel der Kreativität und der Innovation, der die marokkanische Kunst in die Moderne katapultierte und ihr eine eigene, unverwechselbare Identität verlieh.

Die Casablanca Art School entsteht in einer Zeit des Umbruchs und der Erneuerung. Nach der Unabhängigkeit Marokkos von Frankreich im Jahr 1956 ist das Land bestrebt, seine eigene kulturelle Identität neu zu definieren und sich von kolonialen Einflüssen Frankreichs endgültig zu lösen. In dieser Phase des nationalen Erwachens suchten marokkanische Künstlerinnen und Künstler nach Wegen, ihre eigene künstlerische Sprache zu entwickeln, die sowohl die reiche kulturelle Tradition des Landes respektierte als auch offen für moderne Einflüsse war.

Die Casablanca Art School wird von einer Gruppe visionärer Künstler ins Leben gerufen, darunter Farid Belkahia, Mohamed Melehi und Mohamed Chabâa. Diese Künstler sind kreative Köpfe, haben die europäische Avantgarde kennengelernt und erkennen die Notwendigkeit einer künstlerischen Erneuerung. Sie setzen sich zum Ziel, eine neue Generation von Künstlerinnen und Künstler auszubilden, die in der Lage sein sollen, eine eigenständige marokkanische Moderne zu schaffen.

Die Kunstschaffenden der Casablanca Art School streben danach, die traditionelle marokkanische Kunst mit modernen Techniken und Ideen zu verbinden. Sie lassen sich von den geometrischen Mustern ebenso beeinflussen, wie sie sich von arabischer Kalligraphie, Berber-Kunst und islamischer Architektur inspirieren. Gleichzeitig integrierten sie moderne westliche Kunstformen wie die Konkreten Kunst, die geometrische Abstraktion und den Minimalismus in ihre Werke. Diese einzigartige Kombination führt zu einer unverwechselbaren Ästhetik, die sowohl lokal verankert als auch international relevant wird.

Ein zentrales Anliegen der Bewegung ist es, Kunst aus den Elfenbeintürmen der Galerien und Museen herauszuholen und sie in den öffentlichen Raum zu bringen. Dies spiegelt sich in zahlreichen Wandgemälden und öffentlichen Kunstprojekten wider, die das Stadtbild von Casablanca und anderen marokkanischen Städten prägen.

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