De Stijl und die Ornamentik

Der niederländische Kunstkritiker Albert Plasschaert betitelt die ersten, den Kubismus überwindenden Werke von Piet Mondrian Mitte der zehner Jahre als ‚abstrakte Dekorationskunst‘ – für andere Kritiker sind die Werke ‚geometrischen Ornamentik‘. 

Die De Stijl Künstlerinnen und Künstler sehen sich ständig mit dieser Art von Kritik konfrontiert und die Auseinandersetzung mit der Ornamentik wird wichtiger Bestandteil der De Stijl Bewegung.

Das Ornament konstituiert eine eigenständige Gattung der Bildkunst, die sich durch spezifische Merkmale von anderen Formen der bildlichen Darstellung abgrenzt. Im Gegensatz zum narrativen Bild, welches eine zeitliche und räumliche Illusion aufbaut, fokussiert sich das Ornament auf eine ästhetische Organisation der Fläche.

Einführung in die Ausstellung „Die Macht des Ornaments“ im Belvedere Wien

Die Blütezeit der Ornamentik lässt sich im Zeitraum von 1830 bis 1930 verorten, also einem Zeitraum, in dem auch die De Stijl Bewegung ab Mitte der zehner Jahre aufkommt. Diese Epoche ist durch verschiedene Faktoren geprägt, die den Stellenwert des Ornaments in der Kunst und Gesellschaft stark befördern. Da ist zunächst die aufkommende kunsthistorische Forschung, die versucht, die Kunst in Stile zu ordnen. Das einhergehende, vertiefte Interesse an der Definition und Entwicklung unterschiedlicher Stile lenkte den Blick auf die vielfältigen Ausdrucksformen der Ornamentik in verschiedenen Kulturen und Epochen. Weiter fördert die Industrialisierung des Kunstgewerbes eine massenhafte Produktion von ornamentalen Objekten durch maschinelle Fabrikation und trägt somit zur Verbreitung und Popularisierung dieser Gestaltungsform bei. Schlussendlich fördert die aufkommende Kunstgewerbebewegung zu Beginn des Jahrhunderts mit ihrem Fokus auf handwerkliche Qualität und ästhetische Gestaltung eine Neubewertung des Ornaments.

Die Wiener Avantgarde formuliert dagegen zwischen Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg als erstes heftige Kritik am Ornament. Vor allem der österreichische Architekt Adolf Loos formuliert dies in seinem Aufsatz Ornament und Verbrechen von 1908 und mit einigen seiner Bauten, die nahezu völlig auf ornamentale Verzierung verzichten. Die Kritik der Wiener Avantgarde am Ornament, die nach dem Ersten Weltkrieg großen Einfluss auf die Weimarer Moderne und damit das Bauhaus ausübt, ist vor allem unter den speziellen Umständen der österreichischen Hauptstadt als Mittelpunkt eines zerbrechenden Vielvölkerstaates zu verstehen. Die aufgesetzte Oberflächlichkeit der repräsentativen, prächtigen Ringstraßenfassaden geraten in den Fokus der Kritik einer Vielzahl junger Künstlerinnen und Künstler, da sie mit einer großen Zahl von Missständen im Land gleichgesetzt wird: mit der im Lande herrschende katholischer Doppelmoral, dem von der Industrialisierung profitierenden, neureichen Bürgertum und einem überalterten Kaisertum.

Mehr zum Ornament und Quelle des letzten Absatzes: Ornament – Wikipedia und Ornament in der Kunst – HiSoUR Kunst Kultur Ausstellung

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