Domino

Vorgestern habe ich hier Helga Philipp, eine der Pionierinnen der konkreten Kunst in Österreich vorgestellt. Eine ihrer bekanntesten Werkreihe ist mit Domino betitelt. Die Domino Werke sind eine Serie von Malereien, die zwischen 1985 und 1987 entstanden sind. Die Werke sind fast all in Öl auf Leinwand ausgeführt und bestehen aus 56 einzelnen Teilen, die in einem Domino-Muster aneinandergereiht sind. Die einzelnen, quadratischen oder rechteckigen Teile zeigen parallel oder diagonal angeordnete Linien, deren Grauwerte sich in ihrer Intensität unterscheiden. Aus den Teilen zu­samme­ngesetzt, erreichen die Malereien Maße von einigen Quadratmetern und mit diesen Großformaten ändern sich auch die Voraussetzungen der Bildbetrachtung.

Ausschnitt aus einem Dominowerk von Helga Philipp; Quelle und jede Menge weiterer Domino Bilder: HELGA PHILIPP

Die Bildbetrachtung und die Betrachtenden spielen eine zentrale Rolle in Helga Philipps Œuvre. In ihrem in den sechziger Jahren verfassten Manifest weist sie darauf hin, dass «Bild» und «Betrachter» in einer direkten Abhängigkeit stehen, denn nur die Existenz des Betrachtenden garantiere die Existenz des Bildes und umgekehrt. Als weitere miteinander in Beziehung stehende Begriffe führte Philipp Bewegung, Raum, Licht und Veränderung an.

Die Wahrnehmung der Betrachtenden muss bei den Domino Werken auf große Dimensionen eingestellt werden und geht meist mit einem notwendigen Wechsel des Standpunktes des Betrachtenden vor der Arbeit einher. Die Domino Werke von Helga Philipp sind somit nicht nur ein Beispiel Konkreter Kunst sondern auch ein Beispiel für die Op-Art, eine Kunstrichtung, die sich mit der Wahrnehmung des Betrachters beschäftigt. Die Künstlerin verwendet die visuellen Effekte des Domino-Spiels, um optische Täuschungen zu erzeugen. Die parallelen oder diagonalen Linien erzeugen ein Gefühl von Bewegung und Dynamik. Die Grauwerte der Linien lassen die einzelnen Teile zu schweben oder zu sinken scheinen. Helga Philipps Werke spielen mit den visuellen Wahrnehmungsmechanismen des menschlichen Auges und erzeugen ein Gefühl der Unruhe und Verwirrung. Die Werke können somit auch als Metapher für die Unzuverlässigkeit der Wahrnehmung gesehen werden.

Hier nochmals der Link zum Webauftritt der Künstlerin: Helga Philipp

4 Gedanken zu “Domino

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